Pädiatrie

 

Ergotherapie in der Pädiatrie ist bei allen Kindern vom Säuglings- bis ins Jugendalter angezeigt, wenn ihre Entwicklung verzögert ist, ihre Selbständigkeit und Handlungsfähigkeit eingeschränkt oder sie von Behinderung bedroht oder betroffen sind.

 

Wann sollte ein Kind zur Ergotherapie gehen?

  • wenn es in seiner körperlichen, geistigen oder seelischen Entwicklung gegenüber gleichaltrigen Kindern zurückbleibt
  • wenn es Ausfälle oder Störungen in der Bewegungsfähigkeit, Koordination und/oder Gleichgewicht zeigt
  • Störungen in der Aufnahme und Verarbeitung von Sinnesreizen
  • wenn es Schwierigkeiten  in der Mal- und Schreibmotorik, Stifthaltung sowie eine unklare Händigkeit zeigt
  • wenn es auf seine Mitmenschen und seine Umwelt mit übermäßiger Angst, Aggression, Abwehr oder Passivität reagiert
  • Hyperaktivität
  • kognitive Störungen, wie Schwierigkeiten in der Konzentration, Merkfähigkeit, Auffassungsvermögen, Handlungsplanung aber auch Ausdauer und Geduld
  • schulische Schwierigkeiten, wie Leserechtschreibschwäche und/oder Rechenschwäche
  • Unfallschäden
  • Autismus und Behinderung

 
 
Sensorische Integration 
            

Sensorische Integration bezeichnet das Aufnehmen von Informationen über die Sinne, ihre Weiterleitung in das Nervensystem und ihre Deutung im Gehirn zum Handeln.

Dieser Wachstumsvorgang beginnt lange vor der Geburt, ist im frühen Kindesalter besonders rasch , setzt sich aber lebenslang fort. Er ist die Grundlage von Bewegung, Sprache und Lernen und der Schlüssel zu sinnvoller Handlung. Dieser Prozess der sensorischen Integration kann gestört sein. Das kann sich auf stark unterschied-liche Weise äußern und verweist die unterschiedlichen Probleme.   

Welche Anzeichen können ein Hinweis auf Sensorische Integrationsstörungen sein ?

  • Entwicklungsverzögerungen  
  • Entwicklungsdiskrepanzen  
  • Verzögerte Sprachentwicklung  
  • Aufmerksamkeitsdefizite  
  • Handlungsungeschicklichkeiten  
  • Lernprobleme  
  • Hyperaktivität  
  • Psychosomatische Probleme  
  • Kommunikationsprobleme  

 

Welche ärztlichen Diagnosen sind eine Indikation für die Sensorische Integrationstherapie ?  

  • Sensorische Dyspraxien  
  • ADS- Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom  
  • Entwicklungsstörungen  
  • Psychosomatische Störungen  
  • Psychosoziale Störungen  
  • und andere  

 

Was beinhaltet die Sensorische Integrationstherapie ?  

  • die genaue Beobachtung der Sinnesaufnahme und einen Befund der Hyper- und Hyposensibilitäten  
  • eine differenzierte Diagnostik der Sinnesverarbeitung  
  • den gezielten Einsatz von Bewegungs- und Handlungsangeboten durch spezielle Geräte (z.B. besondere Schaukeln) oder bestimmte Materialien, die auf die besonderen Bedürfnisse von Kindern abgestimmt sind. Damit werden  die Basissinne ( Gleichgewicht, Tast-und Tiefensensibilität) zur Verbesserung der Wahrnehmungsverarbeitung angesprochen. Ziel ist die Verbesserung der Handlungskompetenzen.

Diese Behandlungsform der sensorischen Integrationstherapie wird vorwiegend bei Kindern angewandt, nimmt aber bei Jugendlichen und Erwachsenen zu.

 

Linkshänderberatung  

Im Rahmen einer Feinmotorikstörung, einer unklaren Händigkeit (vor Schuleintritt)oder einer Entwicklungsverzögerung gehört die Linkshänderberatung ebenfalls zu den ergotherapeutischen Maßnahmen.  

 

Das Padovan- Programm 

Ist die Neurofunktionelle Reorganisation nach PADOVAN Methode  Beatriz A.E. Padovan und Dr. Sonia Padovan Catenne.

Wenn wir die Entwicklung eines menschlichen Wesens studieren, können viele Ansätze angewandt werden.

Nach Steiner (1891) ist eine der wichtigsten Verbindungen ( zum Verstehen und zur Verbesserung der Ausbildung- und auch des therapeutischen Prozesses)diejenige, die auf der Beziehung zwischen dem GEHEN, dem SPRECHEN und dem DENKEN basiert. Er sagt, dass diese drei Tätigkeiten das menschliche Wesen wie folgt definiert sind: " Der Mensch ist die einzige Spezies, die aufrecht gehen, eine kodifizierte Sprache sprechen und Ideen durchdenken kann, mit anderen Worten, er ist ein denkendes Wesen" . Es ist wichtig zu verstehen, wie Steiner jede dieser Tätigkeiten charakterisiert.

   

Das GEHEN ist nicht nur Bewegungsenergie. Stehenbleiben und aufrechter Gang sind nur die äußerlich sichtbaren Spuren eines viel komplexeren und größeren Prozesses. Es ist ein Prozess, der das Kind von einer horizontalen Position in eine vertikale bringt. Das Kind muss gegen die Schwerkraft kämpfen und seinen Körper im Raum mit Balance und Harmonie ausrichten und dabei jede Bewegung steuern. Bevor das Kind es schafft, auf seinen eigenen Beinen zu stehen, durchschreitet es viele unterschiedliche Phasen: es rollt, kriecht, krabbelt und schließlich kann es gehen. Dies geschieht jedoch nur im Fall, dass das Kind eine natürliche Entwicklung durchlaufen hat. Es gibt Fälle, in denen das Kind nicht all diese Phasen durchläuft oder einige Phasen nur teilweise. Wir sagen dann beispielsweise: das Kind hat die Kriechphase  "übersprungen". Warum sagen wir das? Weil wir tief in uns wissen, dass es nur natürlich ist, dass ein Kind kriechen sollte. Alle diese Phasen sind so sehr der menschlichen Natur zugehörig und werden durch Impulse erreicht, die durch den Körper gesendet werden. Sie gehören zum menschlichen, genetischen Programm und sind für die Entwicklung des Kindes wichtig.

   

Das SPRECHEN   bezieht sich nicht nur auf das gesprochene Wort, sondern es schließt auch jede andere Art der Kommunikation mit ein. Es gibt viele unterschiedliche Sprachen: Gestik, Pantomime, Lesen, Schreiben, Mathematik, Morsealphabet und viele andere. Nach Pedro Block gibt es auf den Kanarischen Inseln die Kommunikationsform des Pfeifens. Anscheinend verwenden sie diese Form noch, um bei religiösen Zeremonien Psalme zu singen.  

Menschen kommunizieren in den unterschiedlichsten Formen. Die erste Form der kindlichen Kommunikation ist die mit dem eigenen Körper. Wenn sie einen Arm ausstrecken, um auf den Schoß genommen zu werden, gebrauchen sie diese Art der Kommunikation. Wie Bodella (1992 )sagt:" Sogar die tiefste Stille kann uns etwas über eine Person mitteilen. Es ist unmöglich für einen Einzelnen nicht zu kommunizieren".

   

Das DENKEN   sollte nicht nur als Fähigkeit angesehen werden, Ideen zu formulieren, sondern auch die Fähigkeit zu lernen und sich an seine Umwelt anzupassen.

Als Beispiel lässt sich Aveyrons Geschichte über den " Wolfs"- Jungen heranziehen:  

Als er als Jugendlicher gefunden wurde, war sein Verhalten sehr ähnlich dem des Wolfes. Er ging auf allen Vieren, nahm Wasser wie andere Tiere durch das Schlecken auf , er heulte wie ein Wolf ( es war seine Sprache ). Dies bedeutet, dass er lernte und sich seiner Umwelt anpasste.

Untersuchen wir dagegen ein Haustier, z.B. eine Katze, zeigt sich eine andere Verhaltensweise. Nehmen wir die Katze aus ihrem Umfeld und von ihren Gleichgesellten weg und lassen sie unter Menschen groß werden, wird sie sich im Erwachsenenalter wie jede andere Katze verhalten. Sie geht auf allen Vieren ( anders als die Menschen, die sie großgezogen haben ), sie wird miauen ( anstatt zu sprechen ) und sie hat die gleichen Verhaltensreaktionen wie andere Katzen, so als wenn sie immer unter ihnen gelebt hätte.

   

Die Verbindung zwischen GEHEN- SPRECHEN- DENKEN

Es gibt eine Erscheinungsform, die jede dieser drei Aktivitäten charakterisiert. Diese drei Aktivitäten hängen voneinander ab und entwickeln sich nebeneinander. Allerdings weist jede dieser Phasen bzw. jedes entsprechende Alter eine Vorherrschaft einer bestimmten Phase auf. Mehr noch : Es gibt eine genaue Abfolge, durch die jede dieser Tätigkeiten erworben und ausgebildet wird.  

Wie bereits vorher gesagt, beginnt ein Kind in seinem ersten Lebensjahr zu gehen, in seinem zweiten zu sprechen und in seinem dritten zu denken.

Innerhalb dieser Sequenz, so Steiner (1891 ), gibt es eine bestimmte Abhängigkeit zwischen diesen Aktivitäten. Er konstatiert:" Durch einen geheimnisvollen PROZESS im menschlichen Körper, vergleichbar mit der Art und Weise, wie ein Kind gehen lernt, sich im Raum zu orientieren oder von einem Ort zu einem anderen zu gehen, so stellt sich die Sprache als eine Manifestation des Gehprozesses dar. Die Sprache ist deshalb ein Ergebnis des Gehprozesses. Mit anderen Worten, es ist ein Produkt der eigenen Lagebestimmung im Raum."

   

Die methodischen Übungen

Die Übungen sollten möglichst korrekt durchgeführt werden, so dass korrekte Informationen an das ZNS gesendet werden:

  • Die Homolaterale Musterbildung
  • Die Kreuzmusterbildung
  • Man arbeitet mit den unterschiedlichen Bewegungsarten der Kinder, immer in der natürlichen Reihenfolge der natürlichen Entwicklung.
  • Das Rollen
  • Das homolaterale Kriechen
  • Das Krabbeln
  • Der Bärengang
  • Hocke- Stand  
  • Das gekreuzte Gehen
  • Das Hangeln
  • Die Hängematte
  • Die Handübungen
  • Die Augen- Übungen
  • Die Auge- Hand- Übungen
  • Das Springseil

   

Es gibt noch weitere Übungen, die angeschlossen werden können, z.B. das Hüpfen und der Springmarsch. Einige Kinderspiele können die Therapiesequenz ebenfalls abrunden. Es ist leicht zu erkennen, dass diese Methode aus einfachen Übungen, die der menschlichen Natur entsprechen, besteht.  

Sie sind nicht künstlich oder durch mühsames Studium geschaffen worden. Tatsächlich sind sie so einfach, dass manche ihre Effizienz anzweifeln könnten. Aber, äußerlich betrachtet, ist die Natur einfach. Ihre Gesetze gelten überall und können von jedem beobachtet und aufgegriffen werden, der dazu fähig und willens ist. Wie Einstein einst sagte. " Es gibt keinen logischen Weg, um die grundlegenden Gesetze des Universums zu finden. Der einzige Weg ist die Intuition. Die Mechanismen, die für die Entdeckungen verantwortlich sind, sind nicht logisch bzw. intellektuell, sondern vielmehr eine Erleuchtung, fast einer Ekstase vergleichbar. Anschließend analysiert die Intelligenz es und die Erfahrung bestätigt die Intuition. "


Marburger Konzentrationstraining

Das Marburger Konzentrationstraining (MKT) ist ein Übungs-programm für Kinder und Jugendliche  

  • die Probleme in der Aufmerksamkeit und Konzentration haben
  • die Defizite in einem oder mehreren Bereichen z.B. in der Wahrnehmung, Motorik, Sprache oder in der Leistungsmotivation haben
  • die sich wenig zutrauen
  • die schlecht mit Misserfolgen umgehen können
  • die eine Aufmerksamkeitsstörung haben
  • die nicht selbständig arbeiten können
  • die schulmüde sind
  • die viel Zuwendung brauchen

 

Ziele des Konzentrationstrainings in der Ergotherapie  

Das Konzentrationstraining  wird nicht als Therapie sondern als ein Training bezeichnet.  

Das Hauptziel ist, die Selbststeuerung und die bewusste Aufmerksamkeitssteuerung zu trainieren. Dazu soll der Arbeitsstil der Kinder und Jugendlichen verändert und ungünstige Denkstrategien abgebaut werden. Die Betroffenen sollen lernen, die Aufmerksamkeit auf eine Aufgabe zu richten, um ausdauernder zu arbeiten. Die Selbstständigkeit wird begünstigt, es werden das Selbstbewusstsein und das Textverständnis gefördert und ein angemessener Umgang mit Fehlern trainiert.  

Das Marburger Konzentrationstraining ist übersichtlich aufgebaut und die Stunden sind einander ähnlich strukturiert. Die Förderung der Feinmotorik, das heißt unter anderem die Haltung des Stiftes oder die Sitzhaltung, ist ein weiteres Element des Marburger Konzentrationstrainings. Spiele zur Förderung der Wahrnehmung und Denk- und Merkspiele, mit Karten, Puzzles oder anderem, runden das Training ab.